Stoffe sind seine Leidenschaft
Die Sicherheit bei Gefahrgut-Transporten hat zugenommen, aber Risiken gibt es immer, sagt Emil Knoll, seit 30 Jahren Chemiefachberater bei der Kreisfeuerwehr.
Die Bilder der Katastrophe von Herborn vom 7. Juli 1987 haben sich ins Gedächtnis von Emil Knoll gebrannt. Bei einem mit 28 000 Litern Benzin und 6000 Litern Dieselkraftstoff beladenen Tanklaster hatten die Bremsen versagt. In einer Kurve kippte er um. Bei der Explosion und dem Feuer kamen in der hessischen Stadt sechs Menschen ums Leben, 38 wurden verletzt, zwölf Häuser brannten ab und 44 Menschen verloren ihre Wohnungen. ‚Danach wurde die Gefahrgutbeauftragtenverordnung für Betriebe erlassen‘, sagt Emil Knoll, Chemielaborant und Chemotechniker aus Stetten, der diese Zusatzausbildung in seinem Betrieb absolvierte. Seit 1983 ist Knoll außerdem bei der Freiwilligen Feuerwehr der Fachmann für Unfälle mit chemischen Stoffen in allen Aggregatzuständen. Für seinen langjährigen Einsatz als Chemiefachberater hat der 65-Jährige jetzt das Ehrenkreuz des Deutschen Feuerwehrverbandes erhalten, die höchste Auszeichnung, die es für aktive Mitglieder gibt (wir haben berichtet).
Die Posten der Fachberater für Chemie seien Anfang der 80er-Jahre geschaffen worden – unter dem Eindruck des Tanklastzugunglücks auf dem Campingplatz von Los Alfaques in Spanien im Juli 1978, bei dem 217 Menschen starben und mehr als 300 verletzt wurden, sagt Emil Knoll. ‚Die strengeren Verordnungen sind mit viel Blut geschrieben worden, aber es ist dadurch wesentlich sicherer geworden.‘ Er nimmt einen dicken Wälzer zur Hand, den ADR, das europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße aus dem Jahr 2011. Ab Juni 2015 wird es sogar ein weltweit harmonisiertes System geben. Dann werden die hinlänglich bekannten orangefarbenen Hinweisschilder auf Gefahrguttransportern endgültig gegen global einheitliche weiße Tafeln mit rotem Rand ausgetauscht.
Der ADR ist ein Sammelwerk von so genannten Sicherheitsdatenblättern aller Stoffe und Zubereitungen, also Gemische, Gemenge und Lösungen, von denen Gefahren ausgehen können. Auch alles Wissenswerte über Diethyläther steht im ADR, und dieses Wissen half dem früheren Kreisbrandmeister Reinhard Kowalzik an seiner neuen Wirkungsstätte in Würzburg. Im Chemikalienschrank einer Schule wurde Diethyläther gefunden und die Feuerwehr zu Hilfe gerufen. ‚Also rief er mich an, wie sie die Flasche am sichersten beseitigen können‘, sagt Emil Knoll. Er riet zu größter Vorsicht und höchster Sicherheitsstufe. Denn in Verbindung mit Licht und Luft kann aus Diethyläther das hochexplosive Ätherperoxid entstehen. Die Flasche wurde dann auf sein Anraten mit Hilfe eines ferngesteuerten Roboters, ausgestattet mit Greifer und Kamera, wie ihn auch die Kernkraftwehr in Karlsruhe hat, in nicht brennbare Kieselgur gebettet und entsorgt.
Mit Telefonberatung wie in Würzburg war es nicht getan, als in Knolls Wirkungsbereich im Rems-Murr-Kreis Salpetersäure und Glykoläther – mit der Mischung werden in Milchbetrieben die Schläuche gereinigt – in sommerlicher Hitze miteinander reagierten. Emil Knoll empfahl, die Behältnisse zunächst abzukühlen. Dann organisierte er große Edelstahlbehälter, die zur Hälfte mit Wasser gefüllt wurden. ‚Da haben wir das Gemisch eingefüllt und durch die Verdünnung die Reaktion gestoppt.‘ In Korb habe es mal einen Großeinsatz gegeben, weil ein Handwerker am Ende eines Arbeitstages die Reste der zwei Komponenten des Bodenklebers zusammengoss und stehen ließ. ‚Das hat mächtig gequalmt, und das gleiche ist damals am Timmendorfer Strand passiert, und danach haben wir unter Kollegen unsere Erfahrungen ausgetauscht.‘
Dass Emil Knoll jetzt die Auszeichnung ans Revers geheftet bekam, wird ihn nicht davon abhalten, weiter als Chemiefachberater unterwegs zu sein, wenn im Kreis sein Fachwissen gebraucht wird. Und er wird weiter bei Bränden mit den Trägerröhrchen die Schadstoffwerte in der Luft messen. Die Konzentrationen von Kohlenmonoxid, Stickoxiden und Salzsäure, die entsteht, wenn PVC brennt, interessieren ihn, außerdem Blausäure: ‚Die entsteht nämlich, wenn Wolle oder Rosshaar brennen.‘
Emil Knoll wird weiterhin als Chemie-Fachberater unterwegs sein.
Quelle: Fellbacher Zeitung vom 14.11.2013, Eva HerschmannFoto: Eva Herschmann