Die Bürger in Stetten dürfen sich sicher fühlen
Quelle: Fellbacher Zeitung vom 24.02.2018 / Text: Hans-Dieter Wolz
Ein Gutachter bescheinigt der Feuerwehr, gut aufgestellt und einsatzbereit zu sein. Das 150-Jahr-Jubiläum in Stetten wird gefeiert, ebenso wie 50 Jahre Jugendfeuerwehr. Zum Start findet ein Festabend für geladene Gäste an diesem Samstag statt
Wenn der Gesamtkommandant in Kernens Freiwilliger Feuerwehr und Kommandant in der Abteilung Stetten, Andreas Wersch, einen Wunsch anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums seiner Brandbekämpfer-Truppe frei hätte, würde er sich spontan eines sagen: „Dass wir immer genügend Nachwuchs bekommen.“ Obwohl doch die Brandbekämpfung ein Hobby mit einem Hauch von Abenteuer ist, den Dienst für die Allgemeinheit und eine Kameradschaft verbindet, hat das Interesse beim Nachwuchs nachgelassen. Inzwischen „ist es schwierig geworden, junge Menschen zu erreichen“, sagt Wersch. Die Konkurrenz im Freizeitbereich ist groß. Die Aussicht auf nächtliche Einsätze oder Unterbrechungen der täglichen Arbeit lässt manchen jungen Menschen zögern. Oft gehen die Nachwuchsfeuerwehrleute auch nach Jahren in der Jugendabteilung auswärts studieren und kehren nicht mehr in den Ort zurück.
Beim 150-jährigen Feuerwehrjubiläum soll deswegen ausdrücklich auch gefeiert werden und in die Aufmerksamkeit gerückt werden, dass die Jugendfeuerwehr, die Nachwuchsgruppe, schon seit 50 Jahren besteht. Genau besehen war dies sogar schon im Vorjahr erreicht: Am 31. Oktober 1967 beschlossen die Feuerwehrleute in ihrer Ausschusssitzung unter dem Vorsitz des damaligen Kommandanten Otto Seyerle eine Jugendfeuerwehr zu gründen. Herbert Zimmer wurde ihr erster Jugendleiter. Am 20. November 1967 hat sich der Feuerwehrnachwuchs erstmals getroffen und wurde danach Schritt für Schritt in die Brandbekämpfung eingewiesen.
So wie die selbst organisierte und sich ständig weiterbildende Freiwillige Feuerwehr in 150 Jahre als ausgesprochen segensreiche Einrichtung erwiesen hat, so hat sich auch das schon 50 Jahre währende Engagement für den Nachwuchs, das auch Ausflüge, Kinobesuche und andere Freizeitaktivitäten einschließt, gelohnt. „Jeder war einst in der Jugendfeuerwehr, der heute in Stetten in Führungsverantwortung ist“, sagt Andreas Wersch.
Mit einer Mannschaftsstärke von 56 Feuerwehrleute in der Abteilung Rommelshausen und 55 in Stetten ist die Feuerwehr Kernen unter Berücksichtigung der am Ort vorhandenen Brandgefahren und der vorhandenen Ausrüstung bei jährlich zusammen 70 Einsätzen gut aufgestellt. Zu diesem Ergebnis ist auch ein Fachgutachter gekommen, der vor kurzem die Feuerwehrbedarfsplanung für die Gemeinde Kernen aktualisiert hat. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Donnerstag diesem gutachterlichen Ergebnis ausdrücklich zugestimmt.
Nach wie vor können die Abteilungen in zehn Minuten nach dem Alarm mit einem ersten Trupp am Brandort die Löscharbeiten starten, was auch Sicherheit bietet bei möglichen Paralleleinsätzen. Seit einiger Zeit werden auch bei größeren Ereignissen wie Gebäudebränden zur Sicherheit gleich beide Abteilungen alarmiert. Denn weil zunehmend Feuerwehrmitglieder außerhalb des Orts arbeiten, wird es für die Löschzüge schwieriger während des Tages die nötige Mannschaftsstärke vorzuhalten. Noch aber bescheinigt der Gutachter Christof Backes den beiden Abteilungen eine gute Personalausstattung zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Zurückgestellt ist daher auch erst einmal der Gedanke, dem Bürgermeister Stefan Altenberger nachzuhängen scheint: Es gibt keinen Grund, ein gemeinsames Feuerwehrgerätehaus in der Mitte zwischen Rommelshausen und Stetten zu bauen und die Abteilungen zu vereinen. Dies könnte, so heißt es in einer Stellungnahme der Gemeindeverwaltung, erst dann zum Erhalt der Leistungsfähigkeit der Feuerwehr bei rückläufiger Personalstärke ein Ausweg sein. Kommandant Andreas Wersch und der Gemeinderat warnt vor diesem Schritt. Da die Feuerwehrleute im Alarmfall eine längere Strecke zu ihrer Station eilen müsste, ist fraglich, ob die Hilfsfristen bei allen bebauten Bereichen beider Ortsteile einzuhalten sind. Außerdem könnte die Fusion auch bedeuten, dass sich weitere Feuerwehrleute aus diesem Anlass zurückziehen.
Die Feuerwehrleute in Stetten können ihr Jubiläum also noch unbeschwert feiern. An diesem Samstag werden im Bürgerhaus werden zum Festabend zahlreiche geladene Gäste aus nah und fern erwartet. Am 21. und 22. April wird Stetten besonderes erleben: Am Samstag tauchen die Feuerwehr das Wahrzeichen der Gemeinde ab 17 Uhr unter dem Motto „Yburg – on fire!“ in Flammen. Am Sonntags findet ab 11 Uhr ein „Kernener Sicherheitstag“ in den Weinbergen rund um die Yburg statt. Kinder stehen bei der Feuerwehr am Sonntag, dem 14. Oktober im Mittelpunkt.
Gebäudebrände und eine Explosion
Erinnerungen aus den 150 Jahren der Stettener Feuerwehr
Die Flammen schlugen mehrere Meter hoch, und die Rauchsäule war kilometerweit zu sehen. Knapp an einer Katastrophe schrammte die damals noch selbstständige Gemeinde Stetten am 23. Juni 1965 vorbei. Ein Tankwagen mit 4000 Liter Superbenzin geriet in der Wielandstraße in Brand und explodierte. Der Einsatz dürfte einer der gefährlichsten in der 150-jährigen Geschichte der Stettener Feuerwehr gewesen sein.
Eine Chronik, vor 25 Jahren erstellt von Andreas Wersch, dem heutigen Kommandanten, konnte sich auf Augenzeugen stützen und schildert das Ereignis ausführlich: Der Fahrer des Tankwagen hatte die damalige Autolackiererei Felden beliefern sollen. Die Löschmannschaften konnten sich wegen der enormen Hitzeentwicklung nur langsam und in Asbestanzügen dem Feuer nähern. Doch es droht noch ein Unglück größeren Ausmaßes: Das Gebäude der Lackiererei beherbergte ein Lager mit 10 000 Liter Heizöl und mehreren hundert Litern Nitrolacke. Die Feuerwehr konnte erfolgreich, wenn auch knapp, das Gebäude vor einem Übergreifen der Flammen bewahren. Aber noch immer waren nicht alle Gefahren beseitigt. Die Wielandstraße ist stark abschüssig. Benzin lief die Straße hinunter in die Kanalisation ab und drohte dort wiederum zu explodieren. Die Bevölkerung wurde mit Lautsprecherwagen aufgefordert, offenes Feuer zu vermeiden. Mit eilig aufgeworfenen Erdwällen fingen die Feuerwehrleute und ihre Unterstützer aus Fellbach und Waiblingen das Benzin auf.
Zahlreiche Gebäudebrände hielten die Feuerwehr Stetten immer wieder auf Trapp, so am 5. Juni 1928, als der Dachstock des Schulgebäudes in der Anstalt Stetten niederbrannte, sowie am Sonntag darauf, als das Wirtschaftsgebäude an der vorderen Hartstraße in Flammen stand. Größere Brände sind verzeichnet am 6. Oktober 1894 in der heutigen Hindenburgstraße 10, auch am 10. Juni 1900 als in der Hindenburgstraße mehrere Gebäude ganz oder teilweise abgebrannt sind. 1904 brannte es am 21. April nach Brandstiftung in der Mühlstraße, sowie am 18. September in der Langen Straße. Auf Brandstiftung waren auch Feuersbrünste am 24. Juni 1905 in der Steigstraße und am 10. August 1905 in der Kirchstraße zurückzuführen. Aber es gab keinen großen Brand wie in manchen historischen Städten. Und die genannten Einsätze bei Gebäudebränden, so resümiert der Feuerwehrkommandant Andreas Wersch, bilden „Gott sei Dank die Ausnahme. Der normale Einsatzdienst über das Jahr hinweg ist weniger spektakulär.“
In der Erinnerung der Bürgerschaft sind zwei weitere Einsätze geblieben. Tränen trieb der vernichtende Brand der in bürgerschaftlichem Einsatz errichteten Turnhalle des TV Stetten am 3. März 1971 in die Augen der Bürger, auch bei manchem Feuerwehrmann. Für den damaligen Kommandanten Otto Seyerle war der Brand besonders bitter: Als die Stettener ihre Vereinshalle in den Jahren 1952 und 1953 errichteten, war er Baustellenleiter gewesen.
Bis zum heutigen Tag mahnt das Hochwasser des Haldenbachs vom 22. Mai 1978, dass das munter plätschernde Gewässer zum reißenden Fluss werden und über die Ufer treten kann. An diesem Tag musste die Feuerwehr mit Unterstützung aus Backnang 67 Keller auspumpen.
Bleibt noch der zweite Weltkrieg zu erwähnen, als die Bomben selbst den abgelegenen Ort nicht verschonten. Während die Bevölkerung – Frauen, Kinder, Alte waren noch da – in den Kellern ausharrte, bezogen die Bereitschaftsgruppen der Feuerwehr mit der Motorspritze ihre Beobachtungspunkte auf den Anhöhen außerhalb des Dorfes, um im Ernstfall einzugreifen. Am 2. März 1944 war das Dorf das Ziel eines Fliegerangriffs. Einige Luftminen zerstörten Häuser in der Langen Straße und der Pommerstraße, die nachfolgenden Brandbomben fielen aber fast alle aufs freie Feld.
Die Stettener Feuerwehr: Gründung
Nachdem zuvor praktisch jedermann zur Hilfeleistung im Brandfall verpflichtet war, bildeten sich am Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Feuerwehren heraus. Stetten hatte zuvor schon eine Feuerspritze besessen, aber im Jahr 1868 fanden sich Bürger zusammen, die mit der Effektivität er herkömmlichen Brandbekämpfung nicht mehr einverstanden waren. Nach dem Vorbild der größeren Städte sollte eine spezialisierte Löschgruppe gebildet werden. Etwa 150 regelmäßige geschulte Feuerwehrleute standen künftig bereit.
Eine der ältesten Wehren Vorbilder gab es in der näheren Umgebung zum Zeitpunkt der Gründung erst wenige: Lediglich in Winnenden (seit 1850), Schorndorf (1852) und Waiblingen (1860) gab es nachweislich bereits organisierte Feuerwehren auf dem Gebiet des heutigen Landkreises. Bis zum Jahr 1870 entstanden in Baden und in Württemberg insgesamt 70 freiwillige Feuerwehren. Die Stettener Feuerwehr gehört also zu den ältesten des Landes. Erst 1885 wurde mit der neu erlassenen Landesfeuerlöschordnung die Auflage zur Gründung von organisierten Feuerwehren allerorts verfügt.
Frauen in der Feuerwehr Dass heute auch Frauen der Feuerwehr angehören, ist, streng genommen, keine neue Entwicklung. Im Jahr 1920 sind auch 28 Frauen als Feuerwehrangehörige verzeichnet. Sie waren bei Einsätzen als „Wasserträgerinnen“ vorgesehen. Heutige Feuerwehrfrauen sind allerdings selbst ausgebildete Brandbekämpferinnen.
Feuerwehrfusion Nachdem im Jahr 1975 die beiden Gemeinde Stetten und Rommelshausen zwangsweise im Rahmen der Gemeindereform zur Gemeinde Kernen verschmolzen wurden, wurde eine Gesamtwehr unter dem Kommando eines Gesamtkommandanten gebildet. Die bisherigen Freiwilligen Feuerwehren blieben als Abteilungen Stetten und Rommelshausen erhalten, jeweils mit einem Kommandanten an der Spitze.